Belgische Schachgeschichte beim Vereinsabend

Diese Woche gab es ein besonderes Thema beim Online-Vereinsabend. Frank Hoffmeister zeigte Partien aus seinem Buch “100 Jahre belgische Schachgeschichte”, das er aus Anlass des 100. Geburtstag des belgischen Schachverbands im Jahr 2020 geschrieben hat. Das Buch ist in den drei belgischen Landessprachen (französisch, flämisch und deutsch) erschienen.

Zunächst zeigte Frank eine Partie von Edgard Colle. Colle ist der Schachwelt hauptsächlich von dem nach ihm benannten System im Damenbauernspiel bekannt, der Nemesis jeden Schwarzspielers, der gegen 1.d4 auf Gewinn spielen will. Was aber kaum einer weiß ist, dass Colle er ein scharfer Taktiker war, was er auch in der gezeigten Partie demonstrierte, als er mit dem Colle-System als Weißer in weniger als 20 Zügen gewann. Anekdote am Rande: 1918 wurde Colle aus seinem Verein ausgeschlossen aufgrund “Sympathie mit dem Feind”, offenbar war er den Deutschen gegenüber freundlich gesinnt.

Danach folgten zwei Partien von Alberic O’Kelly, auch Belgier, obwohl sein Name eher irisch klingt. In der einen Partie wurde der Mitte des 20. Jahrhunderts stärkste belgische Spieler spektakulär mattgesetzt, die zweite Partie war sozusagen eine Rehabilitation, auch das wieder eine Angriffspartie mit dem als so ruhig verschrienen Colle-System.

Die letzte gezeigte Partie schließlich war quasi Luc Winants Unvollendete. In den 80er Jahren installierte der Schachmäzen und Karpov-Freund Bessel Kok einige sehr starke Turniere in den Niederlanden und in Belgien. Bei einem dieser Turniere spielte Luc Winants, damals noch IM, gegen Weltmeister Anatoli Karpov eine großartige Angriffspartie, machte am Ende den Sack aber nicht zu, und anstatt eines spektakulären Finales verlor er am Ende nach einer Kombination, die ein Loch hatte.

Winants lag immer wieder mit dem belgischem Schachverband über Kreuz und wollte zu Franks Buch auch keinen Beitrag leisten. Unter anderem ging es um eine Klage wegen Einzel- und Doppelzimmern bei Schacholympiaden und ähnlich “wichtige” Themen. Die ein oder anderen Vorgänge im deutschen Schach in der jüngeren Vergangenheit lassen grüßen, wo es beim DSB-Kongress ja auch schon um die Toilettennutzung ging.

An einem der nächsten Vereinsabende ist ein zweiter Teil geplant, wir sind schon gespannt. Da geht es dann um die besten aktuellen belgischen Spieler wie Bart Michiels oder Daniel Dardha. Gegen beide spielte der Autor dieser Zeilen schon: gegen den jungen Bart Michiels erreichte er im Mannschaftskampf zwischen dem westflämischen Wetteren und Desperado Leuven 1999 ein Remis, gegen Daniel Dardha verlor er beim Pfalz-Open vor einigen Jahren, als dieser kaum übers Brett schauen konnte, aber schon eine Elo von rund 2200 hatte.

Nächste Woche geht es aber erstmal um Eröffnungen: Mario Paschke zeigt Neues aus dem Königsinder und bietet eine Art “Eröffnungsklinik” an.

Hier die gestern gezeigten Partien zum Nachspielen.